Flensburg, 16. Oktober 2021
Appell der Bürgerinitiative (BI) Bahnhofsviertel Flensburg

Sehr geehrte Mitglieder des
Ausschusses für Umwelt, Planung und Stadtentwicklung,

nach Studium der vor einigen Tagen eingebrachten Beschlussvorlage SUPA-64/2021 möchten wir an Sie appellieren, der Vorlage in dieser Fassung nicht zuzustimmen.

Unser, wie wir meinen, gemeinsames Anliegen ist, dass die Stadtteilentwicklung unter Berücksichtigung grundlegender und nachhaltiger Werte vorangetrieben wird. Nur so können Quartiere entstehen, die die Bedingungen für ein gutes Leben für alle erfüllen und auch dem Anspruch der Nachhaltigkeit gerecht werden.

Einige dieser Grundwerte

  • Durchmischung von Wohnformen
  • Einbindung von Kultur- und Freizeitangeboten
  • Einbindung von kleinteiligem Gewerbe und Handel
  • Einbindung von Naturflächen
  • Einbindung der Bürger*innen und Initiativen in allen Phasen der Entwicklung

Aus der Beschlussvorlage geht hervor, dass der gemeinnützige Verein Bunnies Ranch e. V. mit seinen soziokulturellen Inhalten nicht in vollem Umfang im Wettbewerbsgebiet vorzusehen ist. Lediglich einige ”Anregungen des Vereins zur Gartenkultur, dem Tier- und Naturschutz sollen Berücksichtigung finden”. Im Antrag ist die Rede von ”lärmintensiveren Vereinsaktivitäten”, ohne diese näher zu definieren.

In der Ausgangssituation steht: ”Die Errichtung eines Vereinsgebäudes mit Werkstätten und Ateliers und von Stellplätzen für ein Wagenprojekt sind sehr lärmintensiv und schränken die geplante Wohnnutzung in der näheren Umgebung (W1) ein. Aus diesem Grund wird empfohlen, diese Nutzungen im Wettbewerbsverfahren nicht zu berücksichtigen”.

  • Bedarf es für so eine grundlegende Entscheidung nicht detaillierterer Informationen?
  • Müsste nicht vor einem Beschluss begutachtet werden, welche Geräuschpegel tatsächlich entstehen?
  • Sind verschiedene Modelle gründlich überlegt und geprüft worden? Es liest sich so, als wären gleich mehrere Werkstätten und Ateliers geplant und was genau ist unter Wagenprojekt zu verstehen?
  • Wie lässt sich erklären, dass im Unterschied zum Verein Bunnies Ranch e. V. für die Kulturwerkstatt Kühlhaus e. V. ein alternativer Standort im Bereich des Wohnquartiers denkbar erscheint, ohne dass die Frage von Lärmemissionen zur Sprache kommt?

Dass ein Atelier- und Werkstatthaus sogar direkt in der Innenstadt gut funktionieren kann, ist unter anderem am Beispiel des Aktivitetshuset in der Norderstraße belegbar. Aus Werkstätten muss nicht zwangsläufig Lärm emittieren. Für die weiteren genannten ”lärmintensiven Vereinsaktivitäten” lassen sich womöglich sehr gute Lösungen finden. Statt einer Verdrängung könnte z. B. eine weit weniger eingreifende Lösung mithilfe von Auflagen gefunden werden.

Grundsätzlich ist auch an den SUPA-Beschluss vom 2.6.2020 zu erinnern: „Alternative und kreative Wohnformen, wie das Wohnen auf dem Wasser, Wohnwagensiedlungen oder sog. Tiny Houses genießen bei Einzelfallprüfung die Unterstützung der Stadt Flensburg, so sie den Umwelt-, Klima- und Emissionsschutzansprüchen genügen“ (Leitlinien für die Steuerung des Wohnungsbaus in Flensburg, RV-32/2020). Dieser Grundsatz ist hier zu beachten.

Zum Mietverhältnis
In der Beschlussvorlage heißt es: ”Ein neues Mietverhältnis mit dem zwischenzeitlich gegründeten Verein Bunnies Ranch e.V. soll im Bahnhofstal nicht geschlossen werden. Es wird der Versuch unternommen, ein Ersatzgrundstück zu vermitteln.”

Die Notwendigkeit einer sofortigen Freilegung des Grundstücks Mühlendamm 19, auf dem sich die Bunnies Ranch befindet, können wir nicht erkennen. Erst die Ergebnisse eines städtebaulichen Wettbewerbes werden aufzeigen, was in dem Gebiet möglich ist. Diesen Ergebnissen vorzugreifen könnte vermeidbare Schäden verursachen. Außerdem hat der Verein klar zu erkennen gegeben, dass ein Zwischennutzungsvertrag gewünscht ist, und dass man einer Entwicklung, die durch einen städtebaulichen Wettbewerb begleitet wird, nicht im Wege stehen werde. 

Alternativen
Zu den Alternativen heißt es: ”Verzicht auf die Entwicklung eines urbanen, innenstadtnahen Wohnquartiers im Bahnhofstal. Damit einhergehend Rückzahlung der für den Ankauf der Grundstücke bereitgestellten Fördermittel”.

Erst nach Durchführung des städtebaulichen Wettbewerbs besteht die Grundlage, um beurteilen zu können, in welcher Form die Wohnbebauung in Kombination mit anderen Nutzungen realisiert werden kann.

Die Bürgerinitiative Bahnhofsviertel Flensburg setzt sich ein für eine klimagerechte und gemeinwohlorientierte Gestaltung des gesamten Bahnhofsumfeldes. Vorrangiges Ziel muss nach unserer Überzeugung sein, Qualitäten zum Ziele einer Stadt für alle zu erreichen.

Dass die Vereine Bunnies Ranch e. V. und Kühlhaus e. V. bereichernde, gewachsene und mit dem Stadtteil verbundene Inhalte darstellen steht für uns außer Frage. Gerade solche Initiativen sind Teil unserer grundsätzlichen Wertevorstellung und gehören eingebunden.

Flensburg, am 16. Oktober 2021
Die Vertreter*innen der BI Bahnhofsviertel Flensburg